Dhaulagiri-Basislager, 29.04.2003

Liebe Freunde,

nun sind schon wieder 7 Tage nach der letzten Meldung vergangen. Ein bißchen viel aber diesmal, ist es mit dem Schreiben und Übertragen nicht ganz so einfach. Erstens meint es die Sonne nicht ganz so gut mit uns und zweitens mußte die Ausrüstung über mehrere Tage verteilt vom Hiddenvalley ins Dhaulagiribasecamp transportiert werden und somit stand mir nicht die gesamte Zeit die Technik zur Verfügung. Aber soviel spannendes ist auch nicht passiert bis auf den Umzug ins Dhaulagiribasislager.

Wie wir aus der Heimat gehört haben, gibt es einige Unklarheiten mit dem erreichten Gipfel Tashi Kang und dem angegebenem Ziel Tsartse. Deshalb jetzt noch mal eine kleine Erläuterung dazu. Als Götz und ich die Expedition aus der Taufe gehoben haben, wurde natürlich auch ein Name gesucht. Der "Haupttitel" stand fest "Dhaulagiri 2003". Doch der "Untertitel" war noch unklar. Da wir, wie schon in den vorigen Jahren, vorher einen anderen Gipfel besteigen wollten mußte der natürlich dort rein. Nun wußten wir von zwei neuen, gerade erst von der nepalesischen Regierung freigegebenen Gipfeln namens Tsartse und Tashi Kang. Sie stehen dicht beisammen (siehe Karte) im Hiddenvalley. Olaf Köhler und ich hatten diese Gipfel im Herbst 2000 für interessant und besteigenswert gefunden. Und nun waren diese Gipfel freigegeben. Welchen von den beiden wir besteigen wollten war im Vorhinein völlig unklar, wir wußten weder über den einen noch über den
Anderen irgendetwas. Aber vom Klang her gefiel uns als "Untertitel" Sächsische Himalaya- Expedition Tsartse-Dhaulagiri besser als Tashi Kang-Dhaulagiri. Somit kam noch außen
hin der Tsartse mehr zum Tragen als der höhere Tashi Kang. Wie schon in den vorhergehenden Berichten beschrieben war es letztendlich auch gar nicht so einfach herauszubekommen welcher Gipfel welcher war. Noch dazu stehen in Wirklichkeit in dieser

Siegesfeier auf die Gipfel
Tashi Kang und Peak Saxonia

Gruppe nicht nur die beiden angegebenen sondern zwei weitere Gipfel. Als wir dann den 6195m hohen, unbekannten, freistehenden Gipfel bestiegen hatten, wußten wir genau welcher TashiKang und welcher Tsartse ist. Und es war klar das der Tashi Kang von unserem Basecamp aus, das nächste Ziel war. Der Tsartse ist von unserem Ausgangspunkt,auf einer halbwegs sicheren, kletterbaren Route nur über den Grat vom Tashi Kang aus besteigbar. Wir bestiegen also wie in der letzten Info beschrieben den unbekannten Gipfel, den wir übrigens Peak Saxonia tauften und den 6420m hohen Tashi Kang. Der Weiterweg zum Tsartse sieht ausgesprochen schwierig schwierig aus. Steile, teils überwächtete, aus schlechtem Schnee bestehende Grate und dazu ist es noch ziemlich weit. Man müßte also das Lager verschieben in Richtung Tsartse. Aber wir haben weder einen vernünftigen Platz gefunden, noch scheint es sinnvoll mit schwerem Rucksack die schwierigen Gratpassagen vorm Tashi Kang zu klettern. Den Tsartse wird man wohl von der anderen Seite besteigen müssen oder viel Aufwand treiben müssen um von unserer Seite ranzukommen. Und Zeit für viel Aufwand haben wir nicht. Unser Hauptziel ist ja der Dhaulagiri. Also Fazit der "Vorexpedition" Zwei Sechstausender erstbestiegen, Peak Saxonia und den höchsten dieser Gruppe, Tashi Kang. Der niedrigere Tsartse wartet weiterhin auf seine erste Besteigung. Ich hoffe, damit alle Unklarheiten beseitigt zu haben.
Doch nun zurück zur chronologischen Expeditionsbeschreibung. Beim letzten Mal ware wir stehen geblieben am Gipfeltag. Hier die Fortsetzung, wieder auf meinem Mist gewachsen:

Olaf Köhler freut sich sichtlich über die zwei Erstbesteigungen

20.04.2003 Nachdem wir am Abend zuvor gegen 20.00 Uhr die Zelte erreicht hatten und sich die innere Unruhe und Angst vor dem Gewitter beim Abstieg gelegt hatte, hofften alle auf eine ruhige Nacht. Aber der Sturm tobte und schneite wie verrückt. Überall drückte es Treibschnee herein. Als ich am Morgen gegen 8.00 Uhr erwachte und das Vorzelt öffnete bot sich ein ungewohnter Anblick. Alles war von der weißen Masse dick eingedeckt, immerhin bis 20 Zentimeter. Die Außenschalen der Plasteschuhe im Vorzelt waren randhoch mit Schnee gefüllt. Aber die Sonne schien kräftig und wir hofften, das der Schnee bald taut. Erstmal frühstücken. Olaf Zill, Angela und Bernd steigen schon eher ab, sie wollen runter. Gegen 9.30 Uhr beginnen sie den Abstieg durch den Schnee. Götz, Olaf K. und ich lassen uns Zeit. Ganz in Ruhe frühstücken, dann die Zelte abbauen. Gegen 12.00 Uhr sind wir abmarschbereit. Leider ist kaum Schnee weggetaut da schon bald Wolken die Sonne verdunkelten und eisiger Wind ein Schmelzen verhinderte. Es wird ein übler Abstieg. Nicht nur das die Rucksäcke utopisch schwer sind, ein bißchen Essen ist zwar raus aber dafür ist jetzt das ganze Kletterzeug dazugekommen und so sind es um die 30 kg pro Nase, sondern es ist mehr als unangenehm in dem Schnee abzusteigen der auf dem Schotter aufliegt. Die flachen Steinplatten sind nicht zu sehen und der Schuh rutscht dann unerwartet und schnell darüber so das man das Gleichgewicht verliert. Der Versuch es auszugleichen ist mit den schweren Rucksäcken aussichtslos und so landet man ungebremst und ziemlich schmerzhaft im Geröllfeld. So laufen wir ganz vorsichtig, wie aud Eiern. Das dauert natürlich ewig, über 2 Stunden sind wir abwärts unterwegs und verfluchen den Schnee, den Abstieg, die Welt. Aber irgendwann, nach zahlreichen Stürzen
war es dann geschafft, wir erreichen das Tal. Ich schaue so in die Gegend und denke der große Stein dort auf dem Grasrücken war doch vorher noch nicht da. Dunkel mit einem hellen Streifen ringsrum, das wäre mir doch aufgefallen. Ich laufe näher darauf zu. Und auf einmal hebt der Stein die Hand. Ich war schon ganz schön erschrocken.Aber es war Jamba vom Küchenteam. Meine dunkle Sonnenbrille und die Wolken hatten mir einen Streich gespielt. Und Jamba saß auch da wie versteinert. Na, egal Mingmar hatte ihn und Shera aus dem Basecamp heruntergeschickt, um uns zu entlasten, löste aber
letztendlich damit in uns einen Konflikt aus. Wir wollten ja unser Gepäck selbst ins Basislager tragen. Das konnten die Beiden natürlich nicht verstehen und schauten uns verdattert an. Und wir wußten genau das sie Ärger bekommen wenn sie ohne Gepäck zurückkommen. Mingmar wird ihnen die Leviten lesen. So geben wir jeder was von unserem Gepäck ab, nicht das uns das schwerfällt, das wäre jetzt wirklich übertrieben. Das Drücken wird deutlich weniger auf meinen Schultern als das Zelt ab ist. Knapp 1 Stunde später erreichen wir im Schneefall das Basislager und werden von unseren Leuten und Mingmar empfangen, Begrüßungsjuice und dann später ein weiteres gelbes Getränk. Diesmal aus Büchsen, na was wohl, natürlich ein leckeres Bier. Mingmar sorgt eben für alles und wir hatten es uns auch verdient.
Abends im Gemeinschaftszelt dachten wir lange über den unbenannten Gipfel nach, der in keiner Karte verzeichnet ist und beschlossen ihm einen Namen zu geben und mit
den ganzen Koordinaten der Nepalesischen Bergsteigervereinigung und der Regierung zu melden. Wir tauften ihn Peak Saxonia.

Alles in Allem ein schöner Erfolg. Zwei Sechstausender erstbestiegen, wobei der Tashi Kang auf jeden Fall offiziell anerkannt wird. Eine Erstbegehung ist immer etwas Besonderers, doch wenn es dann ein so schöer und auch schwerer Gipfel wie der Tashi Kang ist, freut man sich doppelt so sehr. Nun hat es also erstmals mit der "Generalprobe" geklappt. 2000 am Baruntse und 2001 am Pumori hat es ja nicht geklappt. Mal sehen was nun am Dhaulagiri passiert. Es schein oben in der schwierigen Felspassage wenig Schnee zu liegen.

21.,22.,23.04.2003 Die nächsten Tage ist erstmal Ausruhen angesagt, Zeit zur freien Beschäftigung. Mal Haare waschen, auch ein paar Sachen müssen mal ins Wasser.
Olaf Z. und Angela gehen mal Eisklettern, Götz, Heiko und Bernd machen einen Erkundungsausflug in ein Seitental des Hiddenvalleys und ich schaue mir die Filmaufnahmen an, die ich bis jetzt gemacht habe. Es müssen Shotlisten geschrieben werden da die ersten Bänder mit unseren drei Sechstausenderteilnehmern am 24.4. mit nach Hause gehen. In der MDR Sendung "Hier ab Vier" sollen am 6.oder 7. Mai die ersten
Bilder zu sehen sein. Am 23.04. der letzte gemeinsame Abend. Zum Abschied gibt es einen leckeren Kuchen, im Basecamp gebacken. Dazu noch für jeden einen Schluck Portwein, man muß auch mal genießen können.

24.04.2003 Für Angela, Heiko und Bernd beginnt der Rückmarsch. Die letzten beiden Tages bestes Wetter. Kaum Wind, klarer Himmel-Gipfelwetter. Vielleicht hat sich nun das Wetter stabilisiert. Nach vielen Umarmungen und gutenWünschen verlassen die Drei, in Begleitung von zwei Trägern, gegen 10.00 Uhr das Basislager. Heute nochmal irgendwo im Zelt schlafen und morgen nach Marpha,dann nach Jomosom und am 27.04. früh geht der Flieger nach Kathmandu. Noch ein paar Tage Kathmandu genießen und heim gehts.

25.04.2003 Wir setzen ins Dhaulagirir-Basislager um. Ein langer, anstrengender Marsch. Jeder von uns trägt um die 20 kg. Anfangs geht es noch ganz gut über den freigetauten Schotter. Später versinken wir oft bis zur Hüfte im Schnee. Böse wird geschimpft und geflucht. Auch das Wetter meint es nicht so gut mit uns. Schon vor dem Franzosenpass zieht es zu und wir müssen auf den herrlichen Blick, den man von hier auf den "Weißen Berg" hat, verzichten. Eine halbe Stunde unterhalb des Passes wirds mit dem Schnee dann ganz bösartig. Den kaum ist man bis zur Hüfte eingbrochen sind auch schon die Schuhe voll gelaufen. Denn unter dem Schnee verdeckt fließt ein kleiner,eiskalter Fluß. Und bis zum Basecamp ist es noch ein Stück. Einen langen Grat hinunter und dan sind wir
endlich dort, wo im Herbst 2000 die Zelte standen. Aber diesmal kein einziges Zelt hier. Alles sieht total verlassen aus. Wo sind die Expeditionen und unsere Zelte? Wir steigen auf einen kleinen Geröllhügel und endlich sehen wir Gebetsfahnen, ganz unten direkt auf dem Gletscher. Noch eine halbe Stunde Weg dann sind wir endlich da. Tirdar, unser Koch am Dhaulagiri, erwartet uns schon mit heißem Tee. Er ist mit einem Trägerteam vor Wochen von Beni aus ins Basislager aufgebrochen und seit sechs Tagen da. Zwei große Zelte stehen schon. Auch die anderen Expeditionen sind da. Die Schweden mit einer sechsköpfigen Mannschaft, das chilinische Team mit sechs Teilnehmern sowie die deutschen kommerziellen Anbieter Amical mit sieben Gipfelaspiranten und Diamir mit zwei Gipfelanwärtern. Diese beiden Bergsteiger kennen wir, denn sie stammen auch aus Sachsen.
Mathias aus Hinterhermsdorf und Klaus aus Dresden stammend, lebt jetzt in München. Sie weihen uns, bei dichten Nebel im Zelt sitzend, in den Stand der Dinge am Dhaulagiri ein. Die Chilenen waren als erste am Berg und waren bereits in 6600m Höhe. Die Schweden und die beiden waren am Nordostcol in 5700m Höhe und die Amicalteilnehmer sind vor drei Tagen eingetroffen. Mit dabei auch Dieter den wir vom Makalu und Everest kennen.
Das Wetter sollinden letzten Tagen recht gut gewesen sein. Hoffentlich bleibt das so.

26.04.2003 Wir richten uns häuslich ein, sortieren die Ausrüstung und Esserei. Mittags bekommen wir Besuch von den Schweden, sie besprechen mit uns das weitere Vorgehen am Berg. Wir wollen am 28.04. starten. Es soll ein Gepäcktransport werden, vier Zelte, Seile, Snowbars und unsere Schlafausrüstung sowie Kochzeug. Das wird bestimmt eine mühsame Buckelei. Der Schwede warnt uns, der Weg sei weit und das hätten schon einige probiert aber es nicht geschafft. Aber als er hört, das wir schon akklimatisiert sind und auf 6400m waren ist er beruhigt. Wir wollen das Gepäck hochschaffen, oben im 5700m hohen Camp 1 zwei Zelte aufbauen, dort schlafen und früh wieder absteigen um unsere Trekkinggruppe zu empfangen. So der Plan, doch wieder mal kommt alles anders.

27.04.2003 Ruhetag und schlechtes Wetter, es schneit. Erst wenig dann immer mehr. Wir packen trotzdem unsere Rucksäcke. 5.00 Uhr wollen wir am nächsten Morgen starten. Doch als es abends immer noch nicht aufgehört hat mit Schneien beschließen wir noch zu warten. Die Gefahr von Lawinen ist zu groß. Und gerade das erste Stück ist gefährdet. Man quert direkt unter dem sogenannten Eiger entlang. Das ist eine 1000m hohe Felswand die dem Schweizer Eiger sehr ähnlich sieht. Am Abend hören wir dann noch Gerüchte das unsere Trekkinggruppe schon morgen käme. Auch wenn es hier kein Telefon gibt, Informationen sind hier schnell überbracht. Heute wurde auch unser letztes Gepäck aus dem Hiddenvalley herübergebracht, mit dabei die Solarzellen und die Technik. Bald können wir wieder Infos senden.



28.04.2003
Bloß gut das wir nicht gestartet sind, von 6-7 Uhr etwas Sonne und merkwürdige Wolkenschleier. Dann zieht es zu und es kommt Wind und Schneefall auf. Wir sitzen bei Mittagessen, grinsen uns an und sagen, wiedermal alles richtig gemacht. Uns drängelt wirklich nichts, wir sind die am Berg, die am meisten Zeit haben. Was sollen wir unnötiges Risiko eingehen. Außerdem sind wir gut akklimatisiert, wir können jederzeit bis Camp 2 gehen wenn das Wetter paßt. Gegen 13.30 Uhr dann die Überraschung, bekannte Gesichter tauchen aus dem Schneewirbel auf, die Trekker. Also doch einen Tag eher. Der Grund ist einfach, da in Kathmandu Streiks angekündigt waren sind sie eher gestartet. Alle elf Teilnehmer kommen gut hier oben an. Die Freude ist bei allen groß, erstmal geschafft. Auch wir freuen uns, das alles so gut geklappt hat. Am Abend dann die großen Überraschungen. Zuerst Geschenke aus der Heimat von unseren Lieben, gutbehütet von Kerstin mitgebracht. Aber dann, Uwe der wie auch einige andere schon das zweite Mal mit uns unterwegs ist weiß genau was wir lieben und wir trauen kaum unseren Augen. Zwei Fünf-Liter Fässchen Bier stellt er auf den Tisch. Dazu gesellt sich noch eine Flasche Wisky. Dies alles eine Geschenk der Trekkinggruppe an uns. Wir sind sprachlos. An dieser Stelle möchten wir uns nochmal ganz herzlich dafür bedanken. Im großen Gemeinschaftszelt sitzen wir dann noch lange zusammen, es gibt viel zu erzählen. Wir bekommen gar nicht mit, das der Schneefall draußen immer mehr zugenommen hat. Erst als Mingmar das Zelt abklopft werden wir aufmerksam. Schon 10cm Schnee liegen. Große, nasse und viele Flocken kommen vom wolkenverhangenen Himmel herunter. Aller halben Stunde müssen wir den Schnee von den Zelten abklopfen. Eins ist klar, morgen wird wieder nichts mit losgehen. Einen kleinen Wermutstropfen gibt es dann noch an diesem Abend, die zwei leckeren Fässer waren alle.

29.04.2003 Das übliche Wetter, früh Sonne, diesmal aber etwas länger, und ab Mittag Schneefall. Die Trekker machen einen kleinen Ausflug. Wir planen nun am 01.05. zu starten. Aber kaum war es abgemacht da kommen die Schweden mit neuen Wetter-meldungen. Es soll noch schlecht bleiben für zwei Tage. Na wir werden sehen. Auf jeden Fall werden wir solange warten bis der Schnee aus der Eigerwand wieder soweit raus ist, das keine Lawinen kommen.

So das solls gewesen sein.
Wir wünschen Euch allen weiterhin schöne, warme Tage in der Heimat (es soll ja schön sein wie wir hörten)
Ganz herzliche Grüße aus dem Dhaulagiribasecamp sendet Frank im Namen aller Expeditionsmitglieder

PS: Vielen Dank auch für die lieben Eintragungen im Gästebuch.

ansteigen bis ins erste Camp, Material hochschaffen. Am 29.04. kommt unsere Trekkinggruppe die wir natürlich im Basecamp erwarten. Wie es dann weitergeht werden wir sehen.

Herzliche Grüße aus dem Basecamp