|
Basislager
Hiddenvalley, 21.04.2003
Liebe Freunde,
die gute Nachricht gleich zuerst:
Der laut GPS 6420m hohe Tashi Kang
wurde am 19.4. 2003 erstbestiegen. Olaf Zill und Angela Beltrame
erreichten gegen 13.00 Uhr den Gipfel. Zwei Stunden später
standen Götz Wiegand, Olaf Köhler und ich auf der
kleinen Gipfelschneespitze.
Ein weiterer, nicht in den Karten eingezeichneter und damit
unbenannter Berg, 6195 m hoch, wurde am Vortag von allen Teilnehmern
bestiegen. Der Gipfel wurde von uns Peak
Saxonia getauft. Im einzelnen lief das wie folgt ab:
17.04.2003
Mit schwer bepackten Rucksäcken, um die 25kg hat jeder
zu buckeln, ziehen wir gen Hochlager. Da kam schon mal kurz
der Gedanke auf, das Angebot von Mingmar und seinem Team, uns
beim Transport zu helfen, anzunehmen. Aber wir hatten uns ja
vorgenommen, ab dem Basislager alles allein zu machen. Und so
mühen wir uns die steilen Schotterfelder nach oben. Zwischen
fünf und sechs Stunden brauchen wir bis zu unserem ausgesuchten
Platz in 5850m Höhe, knapp 100m unter dem Beginn des Eisfeldes.
Dort bauen wir vier Zelte auf. Die Sonne scheint noch und so
ist es ganz angenehm. Doch sobald die Sonne verschwunden ist
wird es unangenehm kühl und jeder verkriecht sich in seinen
Schlafsack. Die Gedanken sind beim nächsten Tag, vielleicht
stehen wir dann schon auf dem Gipfel.
18.04.2003
Wir starten 8.00 Uhr, das ist nicht so zeitig. Aber wir glauben
ja, dass es von unserem letzten erreichten Punkt max. noch 200
Höhenmeter bis zum Gipfel sind. Nach 1 Stunde sind wir
am Depot, was wir bei unserer Erkundung angelegt haben und legen
Gurte und Steigeisen an. Dann gehts an den ausgesetzten Schneegrat.
Am ausgesetzten und steilsten Stück verlegen wir ca. 100m
Fixseil und nach weiteren 100 Metern erreichen wir einen kleinen
Sattel und der Blick wird frei. Direkt vor uns der Gipfel, doch
ein bißchen rechts von, vorher nicht sichtbar, eine wunderschöne
Schneepyramide. Allerdings ist sie noch ein ganz schönes
Stück entfernt. Sollte das der Tsartse sein? Wenn der Gipfel
vor uns der Tashi Kang ist dann muß es der Tsartse sein.
Und wenn nicht? Ich kann noch nicht so recht daran glauben.
Alles wäre so einfach. Aber wir werden sehen, wenn wir
auf dem Gipfel sind wissen wir mehr. Aufgeregt streben wir weiter
nach oben. Eine halbe Stunde später die letzte Eiswulst
und dann wird der Blick frei. Jetzt wird alles klar. Wir sind
auf einem Gipfel angekommen der in keiner Karte verzeichnet
ist, ringsherum geht es nur runter. Und die schöne Schneepyramide,
das ist der Thashi Kang. Doch dazwischen ist ein tiefes Tal
und es sieht nicht so aus als käme man einfach darunter.
Aber immerhin einen neuen Berg haben wir erstmal bestiegen.
Bei Heiko und Bernd ist die Freude doppelt so groß, es
ist ihr erster Sechstausender. Eine Gipfelfahne wird gesetzt
und Fotos gemacht. Dann gehts auf die Suche nach einer Möglichkeit
in das Tal zu kommen. Olaf Zill ist schon mal ein Stück
den Grat abgestiegen und meint, dass es vielleicht gehen könnte.
Es ist gerade mal 12.00 Uhr und wir wollen es natürlich
genau wissen. Angela, Bernd und Heiko sind mit dem heutigen
Ziel zufrieden und steigen zum Lager zurück. Wir anderen
vier steigen den Grat ab. Steile Schotterfelder, Schneefelder,
Felsen. Aber es geht immer weiter. Doch dann kommt eine brüchige,
steile Fels-Schuttrinne. Weiter frei abzusteigen wäre zu
riskant.
|
Götz Wiegand in seinem Element |
Aber wir können am Ende der Rinne ein großes
Schneefeld sehen was in einem großen Sattel endet. Von
dort geht es einen Schneegrat zu einem Vorgipfel hinauf und
dann zieht ein langer, ausgesetzter Grat nach links zum Gipfel
des Tashi Kang. Links von ihm ein weiterer Schneegipfel. Ihn
haben wir von der anderen Seite, bei unserem Akklimatisationsausflug,
schon gesehen. Auch er ist nicht in der Karte eingezeichnet.
Mingmar hat uns gesagt, dass er als Holy Mountain, als heiliger
Berg bezeichnet wird. Der Tsartse muß also noch weiter
rechts liegen, ist aber von unserem Standpunkt aus nicht zu
sehen. Egal, wir richten eine Abseilstrecke ein. Ich seile hinunter,
ca. 30m. Dann steige ich noch über Schneefelder ein Stück
hinunter. Bis in den Sattel traue ich mich nicht, es könnten
Spalten vorhanden sein.
Aber der Weiterweg ist klar. Durch den Sattel, drüben erst
zwischen Fels und Schneegrat, dann direkt am Grat zum Vorgipfel
und dann nach links. Teilweise sieht es sehr steil aus zum Vorgipfel,
da müssen wir wohl sichern oder ein Fixseil legen. Wie
der Grat dann zum Gipfel ist werden wir erst merken wenn wir
dort sind. Wenn es gut geht vielleicht ein-zwei Stunden vom
Vorgipfel aus. Morgen werden wir es probieren. Ich steige wieder
auf, am Seil mit der Steigklemme und teile den anderen die guten
Neuigkeiten mit. Es ist jetzt alles klar, morgen beizeiten starten
und dann werden wir sehen.Vielleicht geht alles ganz gut und
einfach und dann vielleicht noch den Grat zum Tsartse.
Aber eins nach dem anderen. Frohen Mutes steigen wir ab und
bereiten alles für den morgigen Tag vor. Heiko beschließt
nicht mitzugehen, er ist mit seinem Erfolg zufrieden und will
uns am nächsten Tag "kein Klotz am Bein sein"
wie er sagt, solche ausgesetzten Grate wie zu erwarten sind
hat er noch nie geklettert. Wir wollen am nächsten früh
6.00 Uhr starten und bald sind wir eingeschlafen.
Damit die Beschreibungen nicht zu eintönig
werden, weil sie immer nur einer schreibt gibts den Gipfeltag
aus der Sicht von Götz Wiegand.
|
Peak Saxonia
|
19.04.2003
Diesmal geht es wirklich sehr zeitig los. Gegen 6 Uhr sind wir
schon alle unterwegs. Es ist unangenehm kalt, aber das große
Ziel lockt. Das Wetter sieht eigentlich ganz gut aus, wenn es
nur nicht diese hoch reichenden, dünnen Wolkenschleier
über der Annapurna-Gruppe gäbe.
Wir snd zunächst sehr schnell. Gegen 8.30 Uhr haben wir
die Abseilstelle in den Sattel zwischen unserem namenlosen Sechstausender
und dem Tashi Kang überwunden. Da wir Gletscherspalten
vermuten und der Aufstieg zum Grat des Tashi kang sehr steil
ist, installieren wir ein Fixseil. Nach anderthalb Stunden Kletterei
haben wir den Gipfelgrat erreicht. Noch etwa 3 km teilweise
steiler und unangenehm ausgesetzter
Kletterei trennen uns vom Gipfel des unbestiegenen Tashikang.
Olaf klettert mit Angela, Ole Köhler, Meutz, Bernd und
ich folgen als zweite Seilschaft. Das Wetter beginnt sich zu
verschlechtern. Der Grat erweist sich als schwierig und gefährlich.
Es gibt große Spalten und sehr steile Blankeispassagen.
Wir gehen viele Stellen frei, überall zu sichern würde
viel zu lange dauern.
Für diese heiklen Passagen ist absolut sicheres Klettern
mit Pickel und Steigeisen, große Erfahrung im Eis unbedingt
vonnöten. Ein Ausrutscher hätte schlimme Folgen, teilweise
geht es 800m hinunter. Im letzten Drittel wird das Gelände
immer steiler, das Wetter verschlechtert sich zusehends und
es ist spät geworden. Hoffentlich schaffen wir es noch
im Hellen bis zurück ins Lager. In dieser Situation bitte
ich Bernd, der so steil in solch großer Höhe noch
nicht geklettert ist an einem sicheren Standplatz auf Olaf und
Angela, die uns voraus sind, zu warten und mit ihnen umzukehren.
Er aktzeptiert meine Bitte und weiß, das dies bei aller
Entäuschung über einen verpassten Gipfel die richtige
Entscheidung ist. Zu dritt klettern wir weiter, folgen Angela
und Olaf. Zwischen Wolkenfetzen sehen wir die beiden und es
sieht aus als wären sie schon im Abstieg. 20 min später
treffen wir uns auf dem Grat. Die beiden haben es geschafft.
Der Tashi Kang ist bestiegen. Wir gratulieren den beiden aber
vor uns liegt jetzt das gefährlichste Stück Kletterei.
Eine steile Eiswand unterbricht den Grat und führt hinauf
zum letzten Abschntt vor dem Gipfel. Wir müssen sichern.
|
Die Olympiafahne wird auf dem Gipfel
aufgespannt. |
Frank steigt diese Seillänge vor. Das Wetter
ist schon richtig schlecht. Es stürmt und schneit und es
ist empfindlich kalt. Trotzdem klettert Meutz zügig nach
oben. Ole und ich folgen am Seil, dann noch 100m Gratkletterei
und wir sind am Ziel unserer Wünsche, auf dem höchsten
Punkt des Tashikang, dem höchsten Gipfeln in dieser, bisher
unbestiegenen Gruppe. Das GPS Gerät zeigt uns seine Höhe
mit 6420m an. Wir umarmen uns, aber viel Zeit zum Genießen
des Gipfelglücks bleibt uns nicht, zu bedrohlich erscheint
dasWetter, zu fortgeschritten ist die Zeit.
Ein langer, schwieriger Abstieg liegt noch vor
uns. Wir blicken hinab auf den Tsartse, von uns durch einen
üblen Grat und eine tiefe Scharte getrennt, weiter westlich
steht der Holy mountain, sicher auch ein Sechstausender, wenn
auch deutlich niedriger als der Tashikang. Meutz holt die Kamera
heraus und dreht die entscheidenden Filmmeter, ich fotografiere.
Gemeinsam hissen wir die Olympiafahne für Sachsen auf dem
Gipfel. Hoffentlich gelingt uns das später auch auf dem
Dhaulagiri.
Im Absteig sind wir sehr schnell, bauen unsere Fixseile ab,
aber erreichen unser Lager über den Gipfel des unbenannten
sechstausenders erst in der Dunkelheit. Erschöpft im Schlafsack
liegend wird uns der große Erfolg erst so richtig bewußt.
Wie unangenehm der Abstieg am 20.04. dann war
schreiben wir in der nächsten Nachricht. Denn jetzt sind
die Akkus der Solaranlage am Ende und das bißchen Energie
vom Laptop brauchen wir noch zum Übertragen.
Also herzliche Grüße in die Heimat von Allen
|
|