Der Bericht
Text von Götz Wiegand und Frank Meutzner
Am 21. September 1999 startete eine kleine sechsköpfige Expedition von Dresden in den Himalaya.
Ziel war die Erkundung eines sehr selten besuchten Gebietes nordwestlich des Manaslu an
der Grenze zwischen Nepal und Tibet. Nach Möglichkeit sollte der 7126 m hohe Himlung, den
wir im Frühjahr vom Manaslu aus gesehen hatten, bestiegen werden. Außerdem wollten wir
neue Ausrüstungsgegenstände testen, die bei der "Himalaya 2000" im nächsten Frühjahr
zum Baruntse und zum Makalu eingesetzt werden sollen.
"Your first problem might be: which mountain is the Himlung."
Von Kathmandu aus fuhren wir zunächst mit dem Bus nach Beshisahar, dem Ausgangspunkt des
bekannten Annapurna-Treks. Von dort zogen wir mit 35 Trägern los, und erreichten nach
einem faszinierenden 7-tägigen Anmarsch durch eine einmalige Landschaft den Platz für
das Basislager zu Füßen der Siebentausender Gyachikang, Nemjung und Himlung.
Auf dem Anmarsch ins Basislager wurden wir von einer neunköpfigen Trekkinggruppe
begleitet, die anschließend weiter über den Annapurna-Trek nach Phokara wanderte und
dann nach Kathmandu zurückkehrte.
Das Wetter auf dem Anmarsch war für die Herbstsaison, die Nachmonsunzeit, in Nepal sehr
ungewöhnlich. Die Berge lagen zu Anfang der Expedition immer in den Wolken und erst
am 8.10.99 sollten das erstemal die Berge oberhalb 6000 m sichtbar sein.
Inzwischen hatten wir am 2.10.99 das Basislager der japanischen Expedition von 1992, mit
Hilfe eines Bewohners von Phugaon gefunden und uns dort eingerichtet.
Das Errichten des Lagers 2 gestaltete sich kompliziert. Zunächst war ein Weg durch das
Spaltenlabyrinth eines Gletschers zu finden und teilweise mit Fixseilen zu versichern.
Dann mußte die Route auf ein 6000 m hohes Plateau auf dem NO-Grat, über den wir den
Himlung besteigen wollten, eingerichtet werden. Wir arbeiteten in zwei Gruppen und
verlegten 150 m Fixseil. Die Witterungsbedingungen waren weiterhin sehr kompliziert,
meist dichter Nebel und ab 5500 m Höhe schlechte und gefährliche Schneebedingungen.
Der Sommermonsun war erst Anfang September zu Ende gegangen und hatte ergiebige
Schneefälle gebracht. Der Schnee hatte sich noch nicht gesetzt, aber auf der Oberfläche
hatte sich durch den ständigen starken Wind eine dünne, harte Schicht gebildet, die uns
aber leider nicht trug. Ständig herrschte Lawinen-und Schneebrettgefahr und wir mußten
sehr sorgfältig den Weg auswählen.
Nach anstrengender Schneewühlerei stand am 9. Oktober das Lager 2 in 6150 m Höhe und ca.
2 Stunden von dort entfernt sahen wir den Himlung das erste Mal in seiner ganzen Größe.
Der Berg sah imposant, aber auch gefährlich aus. Von unserem Lager 2 führte der Weg über
einen schmalen, überwächteten Grat, zunächst teilweise sogar wieder im Abstieg, zu der
sehr steilen Gipfelwand, in der es offensichtlich auch technische Problem geben würde.
Zudem bereitete uns der hohe, lockere Schnee große Probleme. Nachdem sich dann auch
noch im Gipfelbereich des Himlung zwei ca. 200m lange Abrißkanten im Schnee der bis zu
60 Grad steilen und 800m hohen Schlußwand gebildet hatten, beschloß die Expedition auf
eine Besteigung zu verzichten. Das Risiko des Abrutschens der gesamten Flanke war
einfach zu hoch.
Nach dem Abbau der Hochlager wurde in den folgenden Tagen deshalb die weitere Umgebung
erkundet. Dabei wurden zahlreiche, faszinierende Aufstiegsmöglichkeiten auf zum Teil
noch unbestiegene Gipfel entdeckt und ein 5800m hoher Berg erklettert. Für den Fall der
Erstbesteigung taufte die Expedition den Berg auf den Namen "Schlappseil-Himal", nach
der bekannten Dresdner Bergsteigerband Schlappseil.
Und vielleicht werden wir noch einmal in dieses Gebiet fahren, denn es gibt viele
Möglichkeiten an zahlreichen schönen, unbestiegenen Bergen. |